Gründung: Wie verteilt man Anteile unter Mitgründern?

Gründung: Wie verteilt man Anteile unter Mitgründern?

Den richtigen Mitgründer für ein Start-up zu finden ist schwierig genug. Das Funktionieren einer Partnerschaft hängt essentiell davon ab, wie man einen Mitgründer beteiligt. Schlussendlich ist es nämlich der Besitz von Geschäftsanteilen, die einen Gründer ausmachen.

Als wir labfolder gegründet haben, waren wir drei Mitgründer und haben den einfachen Weg gewählt: Wir haben uns alle drei gleich beteiligt, jeder 8334 Anteile oder 33% einer GmbH mit einem anfänglichen Stammkapital von 25002 Anteilen. Nach gut zwei Jahren ist ein Mitgründer aus nachvollziehbaren Gründen ausgestiegen.

Ein ausgeschiedener Mitgründer, der viele Anteile hält, ist das nicht nur alten und neuen Investoren ein Dorn im Auge, sondern ist auch für die Motivation der verbleibenden Gründer ein Riesen Problem.

Denn wir drei haben uns das am Anfang natürlich anders vorgestellt: Jeder ist davon ausgegangen, dass wir als Team zusammen bleiben. Aus dieser Naivität heraus haben wir entschieden, dass jeder den gleichen Anteil bekommt.

Ich sage nach unseren Erfahrungen nicht, dass eine gleichmäßige Verteilung schlecht ist.  Meine Lehre war, nicht naiv an die Aufteilung von Anteilen zu gehen.

Eine kurze Übersicht darüber, was ich gelernt habe:

  1. Offener und transparenter darüber mit allen Beteiligten sprechen,
  2. mir mehr externen Rat einholen,
  3. besser vergleichen, was andere Gründer und Unternehmen machen,
  4. länger darüber nachdenken, wie viel Anteile jeder bekommen soll und
  5. die Beteiligung schon vor Einstieg von Investoren anders strukturieren.

Was heißt das im Einzelnen?

Gespräch über Anteile so früh wie möglich führen

Weil Geschäftsanteile so wichtig sind, sollten die Gespräche über die Verteilung so früh wie möglich geführt werden. Das gilt für den Fall, wenn man seinen Mitgründer schon lange kennt (z.B. vom Studium), aber auch, wenn man ihn oder sie gerade erst rekrutiert hat.

Ein guter Mitgründer zeichnet sich nämlich dadurch aus, dass man mit ihm offen reden kann. Jedem, der das Gespräch über Anteile z.B. mit der Begründung “dass es ja noch gar nichts zu verteilen gäbe” heraus schiebt, ist das Geschäftliche am Gründen entweder nicht wichtig oder er oder sie ist insgesamt konfliktscheu.

Gerade als Initiator, als Ideengeber, als Treiber der Idee solltest du aktiv sein und das Gespräch suchen. Starte die Konversation lange bevor eine Kapitalgesellschaft gegründet wird. Starte es bevor Investoren gesucht werden und lange bevor Geld da ist.

Es ist weit einfacher, sich über die generelle Struktur, die Rollen und Beiträge der Mitgründer zu unterhalten, wenn es noch nichts zu verteilen gibt.  Wenn es schon erste Erfolge und etwas zu verteilen gibt ist das Risiko größer, dass bei der Aufteilung die Gier und nicht die Vernunft regiert. Die Aufgabe des oder der Initiatoren ist es, unnötige Risiken zu vermeiden und Blocker frühzeitig aus dem Weg zu räumen. Und das Gespräch über Anteile nicht zu führen ist so ein Risiko, dass sich später zu einem Riesen Blocker entwickeln kann.

Wie viel Anteile für einen selber als Initiator?

Es kann vorkommen, dass man sich als Initiator gegenüber potentiellen Mitgründern als Bittsteller fühlt. Man muss ja am Anfang jeden von seiner Idee überzeugen. Und potentielle Mitgründer muss man so gut davon überzeugen, dass sie beispielsweise einen sicheren, gut bezahlten Job aufgeben. In dieser Situation mit vielen Anteilen zu locken ist ein durchaus nachvollziehbarer Weg. Aber es ist nicht der richtige Weg.

Als Initiator solltest du dir aber auch immer klar machen, dass man noch Jahre nach der Gründung gegebenenfalls mehr für die Idee und das Unternehmen gerade stehen muss als der oder die Mitgründer. Selbst wenn ein gutes Gründerteam natürlich zusammen so viele Ideen entwickelt, dass es früher oder später immer ihr Unternehmen, ihr Produkt, ihre Innovation ist, liegt gefühlt immer etwas mehr Verantwortung beim Initiator.

Nicht, dass es laut ausgesprochen würde: Aber gerade am Anfang und gerade wenn mal wieder etwas schief läuft (und das tut es mit Sicherheit!) fragt man sich als Initiator doch recht häufig, ob bei den anderen nicht insgeheim mit dem Finger auf einen gezeigt wird und gedacht wird “Der hatte die Idee, der ist schuld.”

Man kann natürlich argumentieren, dass man als Initiator auch immer im Rampenlicht steht, wenn es mal gut läuft. Aber ein guter Gründer sollte nach der Maxime handeln: Ruhm auf alle verteilen, Verantwortung für alle übernehmen.

Insofern: Es ist nicht gierig, als Initiator zumindest einen symbolischen Mehranteil zu halten. Jeder gute Mitgründer sollte das verstehen.

Mitgründer zu beteiligen ist eine Chance

Als Initiator muss man die Abgabe von Anteilen immer als Chance sehen. Als Möglichkeit, Gesellschafter an Bord zu nehmen, die etwas beitragen. Das gilt für Mitgründer, wichtige Mitarbeiter und Investoren.

Du hast einen guten, fähigen Freund, der Deine Idee gut findet und vielleicht mitmachen will? Das ist ein Geschenk! Fordere ihn auf, seine Erwartungen zu äußern. Hör ihm zu, wie er sich die Zusammenarbeit, aber auch die Anteilsverteilung vorstellt.

Du lernst jemanden kennen, die einen tollen Job hat, aber sich vielleicht auf eine Mitgründung einlassen würde? Eine Riesen Chance! Also gib ihr die Möglichkeit, ihre Erwartungen zu formulieren. Mache von vorneherein klar, dass Anteile im Spiel sind und du bereit bist, von Beginn Eures Austausches offen über ihren Anteil zu sprechen.

Das soll nicht heißen, dass ihr euch so schnell wie möglich auf eine Verteilung einigen müsst. Aber das Gespräch darüber sollte so schnell wie möglich gesucht werden.

Von was ist die Anteilsaufteilung abhängig?

Zunächst einmal eine Spanne: Was bedeutet eigentlich „viele Anteile“ und „wenige Anteile“?

“Sehr viele Anteile” heißt: So viele Anteile wie du als Initiator. Ich würde nur Mitgründern einen gleich- oder ähnlich großen Anteil anbieten, die sich aktiv an der Idee beteiligen und die sich schon lange vor der Gründung (länger als 1/2 Jahr) engagieren und ohne Kompensation Zeit investieren können und wollen. Diese Mitgründer sind quasi Mit-Initiatoren. Durch ihren Einsatz zeigen sie Kreativität, das nötige „Brennen für die Idee“ und Durchhaltevermögen. Mein labfolder-Mitgründer  Florian ist eine solche Person und ich schätze mich extrem glücklich, einen solchen Mitgründer gefunden zu haben.

Als Maßstab für sehr, sehr wenig ist Anteile sollten Berater oder besser gesagt: „anpackende Unterstützer“ dienen, die nie und schon gar nicht Vollzeit im Unternehmen arbeiten werden, aber bei wichtigen Arbeiten helfen, ein großes Netzwerk aktiv beisteuern, die Gründer motivieren, coachen und beraten.

Für alles dazwischen kann wahrscheinlich niemand konkrete Regeln aufstellen. Die endgültige Aufteilung ist immer abhängig von vielen Faktoren, zum Beispiel:

  • Wie lange wurde schon an der Idee gearbeitet, bevor Mitgründer dazustößt?
  • Kann sich jeder in der Vorgründungsphase und im operativen Betrieb einbringen?
  • Ist der Mitgründer ein kritisches Element in der Form von: Wie gut komplementiert er deine oder eure Fähigkeiten?
  • Wie groß ist die Nachfrage auf dem Markt nach den Fähigkeiten und Erfahrungen, die der Mitgründer mitbringt?
  • Welche “weichen” Faktoren bringt der Mitgründer mit, Netzwerk, Coaching- und Beratungstalent, usw.
  • Wie ist die Funding-Situation zu dem Zeitpunkt, an dem der Mitgründer dazustößt? Ist viel Geld da und damit das Risiko relativ gering oder muss bald Geld rangeschafft werden?

Wie gut man mit einem potentiellen Mitgründer auskommt, sollte für die Aufteilung kein Faktor sein. Es ist der essentielle Faktor überhaupt - wenn die Chemie nicht stimmt, sollte man auch kein Gespräch darüber führen, zusammen zu gründen. Man täuscht sich immer irgendwann einmal. Oder sogar zwei oder dreimal. Ich kenne keinen Gründer, der nicht schon einmal enttäuscht wurde. Und das schließt mich mit ein.

Aber gerade deshalb sage ich heute umso mehr, dass man auf sein Bauchgefühl achten sollte. Wenn man nur irgendwie das Gefühl hat, dass die Chemie eher zu einer Explosion führen könnte, sollte man gar keine Anteile verteilen.

Wie viel abgeben? Ein paar grobe Richtwerte aus meiner Erfahrung.

Es gibt kein Regelwerk, wie Anteile verteilt werden. Was innerhalb der oben umrissenen Spanne „viel“ und was „wenig“ bedeutet ist von Fall zu Fall unterschiedlich.

Hier ein paar Richtwerte aus Sicht eines ideengebenden Gründers oder eines gleichberechtigten Gründerteams:

initial founder team size 1 initial founder 2 initial founders  
final founder team size 2 3  
Co-founder gets... Co- founder % Initial founder % Co- founder % Initial founders % Co-founder vs. founder shares
very, very little equity 2.5% 98% 1.7% 98% Co-founder gets 1/20 of the initial founder shares
very little equity 5.0% 95% 3.3% 97% Co-founder gets 1/10 of the initial founder shares
little equity 12.5% 88% 8.3% 92% Co-founder gets 1/4 of the initial founder shares
decent amount of equity equity 16.7% 83% 11.1% 89% Co-founder gets 1/3 of the initial founder shares
high amount of equity 25.0% 75% 16.7% 83% Co-founder gets 1/2 of the initial founder shares
Very high amount of equity 33.3% 67% 22.2% 78% Co-founder gets 1/3 of the initial founder shares
Very, very high amount of equity 50.0% 50% 33.3% 67% Co-founder gets the same amount as initial founder(s)

Lies zum Beispiel: „Viel abgeben“ (Englisch: “co-founder gets high amount of equity” bedeutet für ein gleichberechtigtes Gründerteam von 2 Leuten: 16,7%. Bitte beachte, daß diese Tabelle nur gilt, solange keine anderen Gesellschafter (z.B. Business Angels) an Bord sind.

Welche Arten von Mitgründern gibt es und wie sollte man sie beteiligen?

Hier ein paar Fallbeispiele:

Mitgründer will (erstmal) nicht 100% einsteigen

Jeder muss seine Brötchen verdienen und nicht jeder will sofort alles andere aufgeben. Das ist völlig in Ordnung.

In diesem Fall kann man zunächst auch nur wenige Anteile ausgeben und dann konditional auf einen höheren Anteil gehen, z.B. wenn der Mitgründer Vollzeit einsteigt.

Möglicherweise kann man das bei Gründung der Gesellschaft vereinbaren (eine Art “konditionale Cliff”, siehe Kapitel “Cliff”), es ist aber auch ein überschaubarer Aufwand, nach der Gründung und vor der ersten Finanzierungsrunde Anteile hin und her zu schieben, sofern in der Zwischenzeit keine Bewertung erfolgt ist. Die einzigen Kosten, die dann anfallen sind Anwalts- und Notarkosten.

Heißt in jedem Fall: Der Mitgründer erhält erst den endgültigen Anteil, den er “wert” ist, sobald er 100%ig einsteigt.

Wenn er auf Dauer nur zeitweise für die Firma arbeiten will, ist das einen kleinen, <5%igen Anteil wert. Dann sollte die Leistung lieber mit einem Beratervertrag usw. vergolten werden.

Man selber kann nicht 100% einsteigen, der Mitgründer aber schon

Es kann auch vorkommen, dass man zwar Ideengeber ist, aber selber nicht 100%ig in das Unternehmen einsteigen kann. Man muss sich seinen Lebensunterhalt sichern, man hat noch ein anderes Unternehmen… es gibt tausende Gründe, warum ein 100% Einstieg nicht sofort möglich ist.

Je nachdem, wie lange diese Zeit andauert, steht dem Mitgründer, der voll einsteigt, dann natürlich ein höherer Anteil zu. Als Beispiel ein kaufmännischer Mitgründer, der viel Erfahrung und ein super Netzwerk mitbringt und dich als technischen Mitgründer perfekt unterstützt. Du hast zwar schon drei Jahre an dem Produkt bzw. dem IP dahinter gearbeitet, kannst aber erst in einem Jahr voll anfangen. Gleichzeitig gibt der Mitgründer einen guten Job auf, geht also relativ mehr ins Risiko. In diesem Falle würde ich sagen stehen dem Mitgründer viele bis sehr viele Anteile zu.

Was hier natürlich auch eine Rolle spielt ist die Funding-Situation: Sind schon ohne Mitwirkung  des Mitgründers Investorenkontakte aufgebaut worden, gibt es vielleicht schon ein Förderprogramm, aus dem der Mitgründer ein Gehalt beziehen kann?

Dann ist das Risiko wieder geringer und die Mitgründung ist aufgrund der Erfahrung sogar eine Riesenchance. Der Mitgründer geht kein großes finanzielles Risiko ein und bessert in jedem Falle seinen CV auf.

Technischer Mitgründer

Prinzipiell sind technische Mitgründer nicht nur Anteil-getrieben. Wenn dein Thema innovativ ist und interessante Technologie verwendet werden soll, zählt das für einen technischen Mitgründer sehr, sehr viel. Gleichzeitig zählen für einen guten technischen Mitgründer in der Regel Anteile mehr als Gehalt, weil sie wahrscheinlich überall mehr verdienen können, aber selten irgendwelche Anteile bekommen. Für den Fall, dass du innovative Technologien bietest und einen erfahrenen CTO findest und der sofort einsteigen will, würde ich viele bis sehr viele Anteile als angemessen empfinden.

Bist du selber technisch versiert, kannst das Produkt leiten und brauchst einen Chefentwickler, um dir bei der Umsetzung  und Leitung des Tech-Teams zu helfen, ist wahrscheinlich eine geringe bis normale Beteiligung angemessen.

Kaufmännischer Mitgründer

Als Gegenbeispiel mal der Fall, dass Du einen starken technischen Hintergrund hast aber relativ blank auf der kaufmännischen Seite bist. Du brauchst jemanden, der sich eine gute Marketingstrategie ausdenkt und vor allem auch durchführen kann. Man braucht jemanden, der das Pricing gestaltet, Marktrecherchen durchführt und sich um den Vertrieb kümmert.

Eine Anmerkung hier: Man sollte nicht jemanden suchen, der “einem die Zahlen macht”, d.h. Buchhaltung - das ist bloße Verwaltungstätigkeit und rechtfertigt allein kein Anteil am Unternehmen. Prinzipiell müssen Mitgründer immer gestalterisch sein, d.h. kreativ Sachen voranbringen und nicht nur verwalten.

Genauso sollte man nicht nach jemanden suchen, “der einem Geld ranschafft”, d.h. einem das Fundraising abnimmt. Zwar macht es voll Sinn, sich hier starke Unterstützung durch einen kaufmännischen Mitgründer zu suchen, aber es ist eine falsche Vorstellung, dass einem das Fundraising vollständig abgenommen werden kann. Als Gründer ist man immer mit am Fundraising beteiligt, besonders am Anfang.

Bei kaufmännischen Mitgründern kommt es meiner Ansicht nach ganz viel auf die Erfahrung, den Enthusiasmus für das Produkt und die Nachfrage auf dem Markt an. In Sachen Erfahrung halte ich Erfahrung im Startup-Umfeld sehr wichtig, eine Mischung aus Erfahrungen bei größeren Startups und bei kleinen Startups (ggf. auch von Investor-Seite) ist meiner Ansicht nach ideal und definitiv wertvoller als Erfahrungen in einem Konzern oder bei einer Unternehmensberatung.

In Sachen Markt ist meine Erfahrung, dass kaufmännische Mitgründer leichter zu finden sind als technische Mitgründer, wobei natürlich auch wieder gilt, dass die guten Leute umworben sind.

Heißt: Wenn du einen guten kaufmännischen Mitgründer findest, etwas relevante Erfahrung mitbringt, aber noch viel Zeit und Möglichkeiten hast weiter zu rekrutieren, würde ich eine geringe bis normale Beteiligung anbieten. Wenn jedoch jemand vor der Tür steht, der sehr viel Erfahrung mitbringt, viele andere Optionen hat und von Anfang aber für Dein Produkt brennt, ist das vielleicht sogar sehr viel Anteile wert.

Was sagen die anderen? Wie viel Anteile sollte man abgeben?

Der Artikel “Splitting equity with your co-founder? Here’s what you need to know” bietet ein paar Beispielfragen an, anhand derer man sich an den Wert eines Mitgründers und damit die Anteilsverteilung herantasten kann. Weiterhin - und deshalb ist der Artikel wirklich lesenswert - fasst er einige Positionen zu dem Thema zusammen, u.a. von Kevin Systrom (ex-CEO Instagram) und von  Michael Seibel, dem CEO des Y Combinator.

Michael Seibel beschreibt in seinem Artikel “How to Split Equity Among Co-Founders”, dass viele Gründer bei der Aufteilung der Anteile zu sehr darauf schauen, was im ersten Jahr der Gründung gelaufen ist und nicht, was in den sieben bis zehn Jahren passieren muss, die es typischerweise braucht, um ein erfolgreiches Unternehmen aufzubauen. Weil die Zukunft viel gewichtiger ist als die Vergangenheit sollte das Gründerteams deshalb die Anteile möglichst gerecht aufteilen. Definitiv lesenswert!

In “How Much of Your Company Should You Give to New Co-Founders?” vertritt Martin Zwilling nicht etwa die gegensätzliche Meinung, wenn er schreibt: “Alles gleich aufzuteilen, um den Frieden zu wahren ist eine schlechte Lösung. Denn dann hat keiner die Kontrolle und Startups brauchen einen klaren Führer.” Was hier gemeint ist, dass eine Gleichverteilung “des lieben Friedens willens” Führungsschwäche offenbart. Ein Gründerteam mit Führungskompetenz dagegen geht dieses Konfliktpotential aktiv an.

Das ist auch etwas was nicht oft genug wiederholen kann: Behandelt diese Dinge so früh wir möglich, behandelt sie intensiv, transparent, fair und pragmatisch. Es fällt dem initialen Gründer oder dem Gründer mit der CEO-Rolle zu, dieses Thema auf den Tisch und vom Tisch zu bekommen.

Es gibt auch einige Tools, die einem durch Stellen von Fragen und Bewerten der Antworten eine mögliche Anteilsverteilung errechnen. Ich habe den “Startup Equity Calculator” von foundrs.com ausprobiert und muss sagen, dass die Ergebnisse durchaus brauchbar sind.

[caption id="attachment_188" align="aligncenter" width="660"]

Screenshot of equity calculator. Calculate how much equity to give out to a co-founder.

Startup Equity Calculator von foundrs.com[/caption]

Aber um es ein weiteres mal zu wiederholen: Eine richtige Antwort zur Anteilsaufteilung gibt es eben nicht, es gibt nur einen richtigen Prozess, wie man das Thema behandelt.

Wie man sich bei der Verteilung von Anteilen absichern kann

Zu dem Prozess der Anteilsverteilung gehört auch, sich abzusichern. Hier ein kurzer Abriss darüber, welche Methoden und Instrumente es gibt:

Referenz-Calls

Wenn man den potentiellen Mitgründer rekrutiert hat und ihn nicht schon Jahre kennt: Sprecht auf jeden Fall mit Leuten, die schon einmal eng mit diesem potentiellen Mitgründer zusammengearbeitet haben. Lasst euch von eurem potentiellen Partner Referenzen geben und fragt auch unbequeme Dinge - z.B. nach Schwächen, nach Ecken und Kanten.

Selbst wenn ihr mit einem Freund gründen wollt, sprecht mit gemeinsamen Bekannten über die Idee, zusammen gründen zu wollen. Holt euch externe Meinungen ein, wer welche Rolle in dem geplanten Unternehmen spielen wird, welche Schwächen und Stärken jeder einzelne hat.

Seid euch einfach bewusst darüber, dass ihr mit der Gründung eine Art Ehe eingeht. Ihr wollt also sehr genau wissen, wen ihr heiratet. Es ist auch keine Seltenheit, dass Freundschaften im gemeinsamen Unternehmen zerbrechen - vielleicht könnt ihr das verhindern, wenn ihr jemand Externen zu Rate zieht.

Gutes Gefühl bei der Verhandlung

Beim Gespräch über Anteile sollte auf beiden Seiten eine positive Stimmung herrschen. Ihr solltet einfach das Gefühl haben, dass eurem Gegenüber das Thema im Sinne von Gerechtigkeit, Motivation und Struktur wichtig ist. Ihr solltet fühlen, dass er oder sie die eigenen Anteile im Verhältnis zum gemeinschaftlichen Nutzen als sekundär behandelt, realistische Vorstellungen vorbringt und pragmatisch vorgeht.

Heißt: Jemand, der extrem hart über seine Anteile verhandelt und ihr das Gefühl habt, dass er nur für sich das meiste herausschlagen will, ist nichts für die gemeinsame Gründung.

Jemand, der mit der Begründung “Bei der ersten Verhandlung wußte ich nicht, wie viel Arbeit so ein Startup ist” nachverhandelt, solltet ihr direkt vor die Tür setzen.

Natürlich ist ein “gutes Gefühl” immer subjektiv. Aus der eigenen Erfahrungen kann ich aber sagen, dass ein schlechtes Gefühl dann vorliegt, wenn man mehrere Abende hintereinander über einen Mitgründer grübelnd ins Bett geht.

Vesting

Das Vesting (deutsch: Anwachsen) von Anteilen ist wie ein Cliff (deutsch: Klippe) ein Instrument, sich gegen das frühzeitige Auseinanderbrechen des Gründerteams abzusichern.

Um gleich mit einem Beispiel einzusteigen: Die Gründer A und B sollen beide je 12000 Anteile bekommen. Sie vereinbaren ein vierteljährliches Vesting über vier Jahre.

Das bedeutet, dass Ihnen vierteljährlich je 750 Anteile anwachsen: 12000 Anteile werden zugeteilt, pro Jahr wachsen 3000 an, pro Vierteljahr 750.

Wenn ein Mitgründer nun schon nach 10 Monaten aussteigt, sind ihm für drei Vierteljahre Anteile angewachsen, d.h. 2250. Diese Anteile behält er nach dem Ausscheiden, den Rest muss er an das Unternehmen zurückgeben.

Cliff

Ein Cliff ist ein Instrument, um das Vesting zu verschärfen. Um beim Beispiel zu bleiben: Gründer A und B vereinbaren zusätzlich zum o.g. Vesting ein Cliff von einem Jahr. Das bedeutet, dass innerhalb dieses Jahres gar keine Anteile anwachsen, nach Ablauf dieses Jahres aber auf einen Schlag alle Anteile, die bis dahin laut Vestingregelung angewachsen wären.

Wenn also ein Mitgründer wie oben nach 10 Monaten aussteigt, hat er kein Anrecht auf Anteile und muss alles an das Unternehmen zurück geben.

Wenn er jedoch dabei bleibt, sind ihm in Monat 13, nach Ablauf des Cliff-Jahres, 3000 Anteile angewachsen.

Würde er dann im Monat 16 aussteigen, wären ihm 3750 Anteile angewachsen.

[caption id="attachment_190" align="aligncenter" width="660"]

table displaying vesting of shares over time, with our without a cliff. Important to consider when splitting equity among co-founders.

Vesting-Schema: Jedem Gründer sind 12000 Anteile zugeteilt, aufgrund der getroffenen Regelungen “wachsen” aber nur vierteljährlich 750 Anteile an. Ohne cliff wachsen die Anteile von Anfang an an, mit Cliff wachsen nach Ablauf des einen Jahres sofort 3750 Anteile an, danach entspricht das Vesting-Schema dem Schema ohne Cliff.[/caption]

Vesting und Cliff: was ist üblich?

Sobald Investoren einsteigen, werden üblicherweise Vestingregelungen für das Gründerteam getroffen.

Das ist auch völlig verständlich: Das Gründerteam ist gerade am Anfang sowohl das wertvollste Asset als auch das größte Risiko des Unternehmens. Gründerteams brechen einfach oft auseinander, dagegen wollen sich neue Gesellschafter so gut wie möglich absichern.

Beim Vesting habe ich Laufzeiten von drei bis zu fünf Jahren gesehen und sowohl vierteljährliches als auch jährliches Vesting.

Bei Cliffs habe ich ein bis zwei Jahre gesehen.

Eine gute und faire Regelung unter Mitgründern würde für mich so aussehen:

  • Vesting über 4 Jahre
  • Vierteljährliches Vesting
  • Cliff von 1 Jahr

Wie sollte man mit Vesting und Cliff bei Beteiligung eines Mitgründers umgehen?

Es ist meines Wissens nach nicht üblich, dass Gründer schon vor dem Einstieg von weiteren Gesellschaftern Vesting- und ggf. Cliff-Regelungen treffen. Ich würde es aber dringend empfehlen! Der einfache Grund: Es macht die Verhandlung einfacher. Wenn es ein Sicherheitsnetz gibt, kann man einfacher die Entscheidung treffen, zusammen zu springen.

Man nehme den Fall, dass ein Mitgründer rekrutiert wurde, man gut zusammenarbeitet, sich aber erst knapp ein halbes Jahr kennt. Nun geht es darum, eine Firma zu gründen, das Thema Anteilsverteilung wird konkret. Auch wenn man noch so gut miteinander auskommt: Man ist dabei, eine eheähnliche Beziehung einzugehen, die mindestens 7-10 Jahre halten soll. Es ist absolut verständlich, dass es einen grübeln lässt, ob sechs Monate ausreichen, um eine solche Partnerschaft einzugehen. Das Vereinbaren von Vesting- und Cliff- Regelungen gibt einfach allen mehr Zeit.

Deshalb sollten meiner Ansicht nach auch gleiche Regelungen für alle gelten, d.h. für initiierenden Gründer als auch für Mitgründer: Vesting und Cliff sind fürs Kennenlernen, zur Absicherung vor Enttäuschungen und zur Motivation.

Wenn man Vesting und Cliff genauso früh und offen behandelt wie die Anteilsverteilung, kann es den ganzen Prozess schneller und einfacher machen.

Pragmatisch verhandeln

Als letzten Rat: Macht keine Wissenschaft aus der Anteilsverteilung.

Schließlich stimmt es natürlich doch, dass man die Beute verteilt, bevor die Schlacht geschlagen wurde. Das heißt natürlich nicht, dass man das Thema aufschieben sollte. Aber man sollte auch nicht zu lange darüber verhandeln und sich zu Tode strukturieren.

Zusammen mit dem potentiellen Mitgründer sollte man sich nach offenen Gesprächen über die Thematik hinsetzen und sagen: Mit welcher Verteilung wäre jeder so glücklich, dass in Zukunft nicht mehr darüber geredet werden müsste? Wenn das zu keinem Ergebnis führt, sollte man sich auf etwas einigen, was zumindest für das nächste Jahr oder bis zu einem bestimmten Ereignis (z.B. Investor steigt ein) für alle Beteiligten in Ordnung ist. Wenn die Investoren mitspielen, kann man mit Mitarbeiterbeteiligungsprogrammen später auch weitere (virtuelle) Anteile ausgeben.

Es ist nervenaufreibend für die Gründer, wenn ein potentieller Mitgründer immer nachverhandeln will. Genauso ist es nervenaufreibend für einen Mitgründer, wenn das Thema Beteiligung durch die initialen Gründer immer weiter aufgeschoben wird.

Also: Behandelt das Thema offen und transparent, aber dann macht auch irgendwann den Deckel drauf.

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